Bremer Forschern ist es gelungen, einen neuen Biomarker für Hodentumore zu identifizieren. Generell gehören Hodentumore zu den häufigsten Krebserkrankungen bei Männern zwischen 20 und 40 Jahren. Um den Krankheitsverlauf zu beurteilen, werden die Konzentrationen der so genannten Biomarker im Blut gemessen.
Bekannte Tumormarker werden durch Biomarker für Hodentumore ergänzt
Bisher hat man sich auf die Serum-Konzentrationen der bekannten Tumormarker beschränkt. Zu ihnen gehören
- AFP,
- beta-HCG und
- LDH.
Das Problem dabei: Lediglich 50 bis 60 Prozent der Keimzelltumore weisen überhaupt eine Erhöhung dieser Tumormarker auf und 90 Prozent der Hodentumore basieren auf Keimzelltumoren. Daher suchen derzeit Wissenschaftler weltweit nach neuen Biomarkern speziell für Hodentumore. An den kurzen RNA-Molekülen, den microRNAs, wird aktuell besonders intensiv geforscht. Sie werden vom Gewebe und den Tumorzellen ins Blut abgegeben, wobei heute bereits mehr als 2.000 verschiedene microRNAs bekannt sind.
Neuer Biomarker für Hodentumore: microRNA-371a-3p
Forscher rund um Privatdozent Dr. Gazanfer Belge aus dem Studiengang Biologie der Universität Bremen haben jetzt in Zusammenarbeit mit Professor Klaus-Peter Dieckmann vom Hamburger Albertinen-Krankenhaus die microRNA-371a-3p als möglichen Biomarker speziell für Hodentumore erkannt. Dieser Biomarker kam im Blut von Patienten mit einem Hodentumor vor und ist eigentlich schon länger bekannt. Allerdings hatte man erst 2012 erstmals die Eigenschaft der microrna-371a-3p als Biomarker vermutet. Mit der jetzigen Studie konnte man diese Vermutung endgültig bestätigen.
Der neue Biomarker reagiert ausschließlich auf Hodentumore
Für die Studie hat man 166 Patienten mit Hodentumoren untersucht und 106 Kontrollen durchgeführt. Die Ergebnisse wurden im Fachblatt „European Urology“ veröffentlicht. Neben der Uni Bremen und dem Albertinen-Krankenhaus Hamburg beteiligten sich an der Studie auch das Uniklinikum Eppendorf-Hamburg, das Bundeswehrkrankenhaus Hamburg und das Klinikum Bremen-Mitte.
In der Studie wurde festgestellt, dass sich Hodentumore durch die Messung der microRNA-371a-3p mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit nachweisen lasen. Auch ein Zusammenhang zwischen der Konzentration des neuen Biomarkers im Serum und der Aktivität des Hodentumors wurde dabei festgestellt. Vor einer operativen Entfernung des Hodentumors war die Konzentration der microRNA-371-3p deutlich erhöht, nach der OP fiel sie dagegen drastisch ab. Sobald der Tumor erneut aufgetreten ist, stieg die Konzentration des Biomarkers wieder an. Dabei zeigte sich auch, dass die Konzentration des Biomarkers ausschließlich bei Hodentumoren anstieg, nicht jedoch bei anderen Veränderungen an den Hoden oder einer Hodenentzündung.
Neue Studie für Hodentumor-Biomarker geplant
Diese vielversprechenden Ergebnisse sorgen dafür, dass jetzt eine weitere, länderübergreifende Studie durchgeführt werden soll. Die beiden Bremer Forscher Gazanfer Belge und Arlo Radtke wollen dafür mit urologischen und onkologischen Instituten aus Österreich, der Schweiz, Ungarn und Italien zusammenarbeiten. In allen Kliniken sollen Serumproben von Patienten mit Hodentumoren genommen werden, die dann an der Uni Bremen analysiert werden sollen.
Geplant ist die Analyse des Serums von 300 Patienten und einer Kontrollgruppe, die ebenfalls 300 Personen umfassen soll. Das Hauptaugenmerk wollen die Forscher auf Patienten mit metastasierten Tumoren legen. Die Biomarker sollen, sofern die Studie die gewünschten Ergebnisse liefert, standardmäßig in der Diagnostik angewendet werden. Auch will man untersuchen, ob sich die neuen Biomarker eignen, um eine Prognose für die Erkrankung und deren Verlauf zu erstellen. Ebenfalls will man mit ihnen den Therapieerfolg, insbesondere bei bereits metastasierten Keimzelltumoren überprüfen.
Wenn der neue Biomarker standardmäßig in der Diagnostik angewendet werden kann, würde das bedeuten, dass die Patienten sich weniger Computertomographie-Untersuchungen unterziehen müssten, weil der Biomarker auch Ergebnisse zur Aktivität des Tumors liefert. Auch unnötige operative Eingriffe könnten den Patienten entsprechend erspart werden.
Quelle: Universität Bremen